Gabriele Seeger

Unter dem Birnbaum (aus der Folge Heimat), 2010, Acryl / Öl auf Leinwand, 90 cm x 120 cm

 

Zwischen zeichenhafter Gegenständlichkeit und flächig gehaltenen Abstraktionen wechselnd sind die Malereien von Gabriele Seeger von einer dunkel lastenden Farbigkeit geprägt. Dabei verweisen die Schwärzen, das tiefe Blau, die roterdigen Töne, die die Gemälde leitmotivisch durchziehen, auf die inhaltliche Zusammengehörigkeit breit angelegter Werkreihen hin. Über viele Jahre hinweg setzt sich die Malerin in diesen Folgen immer wieder neu mit den aus eigener Familienbiografie und persönlicher Welterfahrung heraus anverwandelten Themenfeldern um Heimat und Exil, Nahsein und Fernbleiben, Vertrautheit und Fremde auseinander.

 

Galt es für sie zuerst noch im Bereich keramischen Arbeitens, widerständige Materialien bildhauerisch zu bändigen, so hat sich Gabriele Seeger seit dem Jahr 2005 inzwischen ganz der Malerei zugewandt. In der mit innerer Konsequenz und äusserster Konzentration vorangetriebenen Bildsprache machen sich aber vor allen Dingen die Einflüsse deutsch-jüdischer und osteuropäischer Exilliteratur bemerkbar. Chiffrenhaft eingefügte Schriftele-mente oder wie collageartig in die Farbkompositionen integrierte Textbruchstücke legen für den Betrachter historische Fährten aus, die die Erinnerung an Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit einfühlsamen Mahnungen zum Gefährdetsein menschlicher Existenz noch und gerade in der Gegenwart zusammenzuführen wissen. 

 

In einem aufmerksamen Bemühen, besonders die leisen Töne und die Nebentöne unseres Daseins zu achten, breitet die Malerin vor dem familiären Hintergrund östlicher Spiritualität eine selbstsinnige Vorstellungswelt privater Mythen und Mythologien aus, die – rätselhaft und ahnungsvoll zugleich – nie an gesellschaftlicher Aktualität und individueller Wirksam-

keit verlieren werden.